Gerade habe ich wieder mal den Slogan "Wahl 2013 - ohne mich!" gesehen. Und dann liegt da auf dem Tisch meine Wahlbenachrichtigung: meine Lizenz zum Wählen sozusagen. (Frauen dürfen in Deutschland übrigens erst seit 1918 wählen, ich betrachte meinen Wahlschein also durchaus als ein Privileg, aber das nur nebenbei.)
Ich muss zugeben: diesmal fällt es mir auch nicht leicht, mich zu entscheiden. Ich bin mit den Parteien, die ich sonst immer gewählt habe, nicht besonders zufrieden. "Was macht ihr für einen Quatsch?" möchte ich ihnen manchmal zurufen "dafür habe ich euch nicht gewählt!"
Aber was ist die Alternative? "Wahl 2013 - ohne mich"? Was passiert denn, wenn ich nicht wählen gehe?
Ich kann meinen Wahlschein mit dramatischer Geste zerreißen - jetzt hab ich es euch allen aber gegeben! Und dann? Dann geht das politische Leben genauso weiter wie vorher, nur dass ich dann nichts mehr dazu zu sagen habe.
Wer sagt "Mit euch spiel ich nicht mehr, macht euren Mist doch alleine!", der verkennt, dass wir alle vom politischen Geschehen betroffen sind und bleiben. Kein Politiker macht seine Politik ohne uns, wir spielen immer mit, wir haben immer miteinander zu tun, was die Politiker tun, geht uns an, ob wir wollen oder nicht. Immer.
Deshalb haben wir ja (glücklicherweise und im Lauf der Geschichte hart erkämpft) das Recht, mitzubestimmen. Das ganze Volk soll mitreden können. Was alle angeht, soll von allen entschieden werden. Okay, das geht nicht in den Einzelentscheidungen (damit wären die meisten Bürger wohl auch restlos überfordert, mich eingeschlossen), sondern nur durch Vertreter, die wir wählen. Aber ob direkt oder indirekt: in unserem Staat geht alle Macht vom Volk aus.
Und wenn das Volk die Macht gar nicht will? Wenn das Volk sagt: "ohne uns?"
Dann verteilt sich die Macht eben auf weniger Menschen, die bereit sind, sie auszuüben. Dann bekommen wir immer noch ein Parlament, dann bekommen genau die gleichen Politiker das Sagen, aber es wird nicht mehr den wirklichen Wählerwillen abbilden.
Insofern bringt es gar nichts, wenn man am Wahltag sagt "ohne mich". Das Leben in diesem Land läuft niemals ohne mich. Die Frage ist nur, ob ich meinen Teil an der Verantwortung dafür übernehme oder ob ich andere über meinen Kopf hinweg bestimmen lasse.