Sonntag, 25. Dezember 2011

Weihnachten im kleinen Wohnzimmer

Heute ist der erste Weihnachtsfeiertag. Im Kloster ist das der Tag, an dem die Betriebsamkeit nachlässt und alle endlich zur Ruhe finden. Nach der Anspannung der letzten Tage hatte ich mich auf einen gemütlichen Nachmittag gefreut. Mittags erzählte mir eine der jüngeren Schwestern, dass sie morgen wegfliegt: Urlaub. Ich sagte: „Mensch, wir haben so lange nicht mehr richtig miteinander gesprochen, sollen wir unseren Kaffee nicht zusammen trinken?“ Gesagt, getan. Nur: wohin? In der Teeküche war allgemeines Kaffeetrinken. Im großen Wohnzimmer, wo wir alle zusammen Rekreation haben, hat man nie Ruhe. Im Musikzimmer hatten sich schon einige andere Schwestern verabredet. In mein Büro? Neee!!! Doch nicht an Weihnachten.

„Lass uns doch ins kleine Wohnzimmer gehen.“ Das kleine Wohnzimmer liegt gegenüber der Teeküche und wird überwiegend zum Zeitunglesen genutzt. Wir nahmen uns also unseren Kaffee mit, Tür zu, schön hier! Nur: es gibt für diese Tür kein Schild „Bitte nicht stören“. „Wir werden bestimmt mindestens dreimal gestört werden.“ Meine Mitschwester war optimistischer. „Worum wetten wir?“

Schließlich waren wir uns einig: Wenn wir nur ein- oder zweimal gestört würden, sollte ich ihr heimlich etwas Gutes tun (mein Einwand: dann merkt sie doch nicht, ob ich meine Wettschuld einlöse. Aber sie meinte, sie verlässt sich auf mein Gewissen!), wenn wir dreimal oder öfter gestört würden, müsste sie mir ein Souvenir aus dem Urlaub mitbringen.

Um es kurz zu machen: wir haben beide gewonnen! Wir wurden zwar viermal unterbrochen, aber da unser Gespräch so reich war, hatten wir auch fast doppelt so lange da gesessen wie wir ursprünglich geplant hatten. Nun bekomme ich mein Souvenir und werde mir was Nettes für meine Schwester ausdenken. Ein gelungener Abschluss eines Nachmittages, der in mir endlich Weihnachtsfrieden und -freude erweckt hat.

Scheinbar brauchen wir immer wieder solche Mittler, die uns von dieser Weihnachtsfreude erzählen. Manchmal singen sie als Engel auf den Feldern Halleluja - und manchmal setzen sie sich mit uns ins kleine Wohnzimmer, trinken Kaffee und gehen auf alberne Wetten ein. Hauptsache ist, dass wir irgendwann die Botschaft von Weihnachten verstehen:

Gott wird Mensch. Er macht sich klein, kommt uns entgegen, damit wir zu ihm kommen. Kein Mensch muss mehr Angst vor Gott haben! Damit auf Erden Frieden werde und Freude!

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Endspurt auf die Krippe

Heute morgen habe ich mit einer unserer Kinderdorfmütter die Plätze in der Kapelle für den Heilgabend verteilt. Wir haben inzwischen etwa 125 Kinder und Jugendliche, dazu die entsprechende Anzahl an Erziehern, Ehemalige, 26 Schwestern, nicht zu reden von Freunden und Bekannten - da muss man schon genau gucken, bis man die alle verteilt hat. Schließlich hatten wir alle Schilder geschrieben und auf die Bänke geklebt - und es bleiben noch die beiden Blöcke an den Eingängen und die Empore für Gäste frei - uff!
Zwischendurch wurde die Kapelle geputzt und vorbereitet - von Schwester Ursula, unserem BuFDi (den man eigentlich BFDler nennen soll - also gut: von Volker!) und Angela, einer Mitarbeiterin. Wir sind sozusagen vorsichtig umeinander rumgelaufen. Wo schon wieder trocken war, da durften wir Stühle stellen - und wo wir am zählen waren, da durften sie halt gerade mal nicht putzen.
Beim Rausgehen sah ich in der Sakristei einen Engel rumliegen. Jawohl: lag da faul auf einem Wagen rum, ein Hirte ebenfalls, ein anderer Hirte und Josef hatten in der Ecke was zu tuscheln. Das Christkind war auch schon da, aber keiner kümmerte sich drum. So was!
Heute nachmittag müssen die Schwestern die Anbetung in der Hauskapelle halten - in der großen Kapelle proben wir Musiker das Christmetten-Vorprogramm und natürlich auch die Lieder für die Messe selber.
Alle sind am Wuseln und Räumen. Normalerweise fände ich das ganz schön, es verweist ja auch auf die Bedeutung des Festes, das bevorsteht. Allerdings wird es allmählich ein wenig viel. Ich hoffe, dass ich nach der Christmette (wenn wir die Kapelle wieder aufgeräumt haben) etwas zur Ruhe komme und dann das Geheimnis und Wunder der Weihnacht endlich zu mir vordringt. Eigentlich ist es nämlich ganz einfach: Gott wird Mensch! ER macht sich so klein, dass jeder von uns sich ihm nähern kann. Niemand muss mehr Angst vor Gott haben.
Der Engel sagte: Fürchtet euch nicht! Ich bringe euch große Freude!

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Aus der Frühschicht....

Heute Morgen war es wieder so weit, um 6 Uhr trafen wir uns in der Kirche, die neun tapferen Jugendlichen und die drei Vorbereitungs-Grübler.

Hier einer der Texte, mit denen wir uns beschäftigt haben:

"Es kam der Tag, da sagte das Zündholz zur Kerze: "Ich habe den Auftrag, dich anzuzünden"; "O nein," erschrak die Kerze. "Nur das nicht. Wenn ich brenne, sind meine Tage gezählt. Niemand mehr wird meine Schönheit bewundern."
Das Zündholz fragte: "Aber willst du denn dein Leben lang kalt und hart bleiben, ohne zuvor gelebt zu haben?"
"Aber brennen tut doch weh und zehrt an meinen Kräften," flüsterte die Kerze unsicher und voller Angst. "Es ist wahr," entgegnete das Zündholz. "Aber das ist doch das Geheimnis der Berufung: Du und ich sind berufen, Licht zu sein. Was ich als Zündholz tun kann, ist wenig. Zünde ich dich aber nicht an, so vergesse ich den Sinn meines Lebens. Ich bin dafür da, Feuer zu entfachen. Du bist eine Kerze. Du bist da, um zu leuchten und Wärme zu schenken. Alles, was du an Schmerz und Leid und Kraft hingibst, wird verwandelt in Licht. Du gehst nicht verloren, wenn du dich verzehrst. Andere werden dein Feuer weitertragen. Nur wenn du dich versagst, wirst du sterben."
Da spitzte die Kerze ihren Docht und sagte voller Erwartung: "Ich bitte dich, zünde mich an.""

So unterschiedlich können unsere Berufungen sein, doch gemeinsam können wir SEIN Licht in die Welt hineintragen.

Dienstag, 13. Dezember 2011

Sternstunden...

Sternstunden, was soll das eigentlich sein? - Sternstunden, das sind Stunden, die irgendwie besonders sind. Sternstunden, sind Zeiten der Zufriedenheit und des Gelingens. - Ist das alles?
Sind Sternstunden nicht noch viel mehr?
Der Advent ist für mich so etwas wie eine ausgedehnte Sternstunde. Diese Zeit ist nicht nur eine Zeit der Zufriedenheit und des Gelingens, es ist eine Zeit der Hoffnung, des freudigen Erwartens, der Wohnungssuche und des Unterwegsseins und der Begegnungen.
Ich vergesse das nur leider immer wieder. Gerade in diesen Tagen ist so viel los. Ein Termin jagt den anderen, es gibt so viel vorzubereiten. Da ist so viel, woran ich denken sollte. Und es sind einige weitrechende Entscheidungen zu treffen.
Doch immer wieder erinnere ich mich daran, wie schön es ist unter einem "guten Stern" zu stehen und mich von diesem Wegweiser leiten zu lassen. Schließlich will ich, mit den drei Königen, unterwegs sein zu IHM. -
Doch wie soll ich verhindern, dass ich das so schnell wieder vergesse? Was kann ich machen, damit ich wirklich SEINEM Stern folge? - Ich habe mich für eine Variante Entschieden, die mir schon einmal viel Freude bereitet hat.
Jetzt hat das Studentenauto wieder einen Sternenhimmel und einen "Navigations-Stern"!

Es ist schön, so auch in all dem Trubel und im Stau immer daran erinnert zu werden, dass am Ende des Weges ER es ist, der auf mich Wartet.

Wie wundervoll, dass ER keinen Weg scheut, um mir den Weg zu SICH zu zeigen, auch nicht den der Menschwerdung.

Montag, 5. Dezember 2011

Abraham und die Geburtstagsparty


Heute abend hatten wir Besuch aus dem fernen Orient. In unserem Wohnzimmer. Unangemeldet. Aber zufällig gerade zur Rekreationszeit. Also waren alle Schwestern versammelt und erlebten, wie ein etwas verwirrter Beduine mit seinem Kamel hereinkam, "Shalom" wünschte und nach dem Weg fragte. Sein Navi war kaputt gegangen, vielleicht auch nur der Akku leer, wer weiß, jedenfalls suchte er den kleinen Ort Waldniel und dort die Frau, die heute ihren 50. Geburtstag feierte. Glücklicherweise konnten die Schwestern aushelfen, die Jubilarin saß zufällig sogar im Raum! Der Mann konnte sich dann noch eben vorstellen - er hieß Isaak - und erklären, dass sein Vater Abraham und seine Mutter Sara draußen warten. 
Eigentlich war es nämlich sein Vater, der unbedingt zum Geburtstag gratulieren wollte. Abraham, so erklärte Isaak, hat eine Schwäche für 50. Geburtstage, seit vor einiger Zeit ein Mann namens Jesus mal gesagt hat, Abraham habe sich über ihn gefreut. Da hatten die Leute ihm geantwortet: "Du bist noch nicht 50 Jahre alt und willst Abraham gesehen haben?" Jesus' Antwort war sehr seltsam:"Bevor Abraham war, bin ich." und seitdem hat Abraham eben diesen Spleen, allen Leuten zum 50sten zu gratulieren. Nachdem Isaak das alles erklärt und sein Kamel Methusalem dem Festling zum Aufpassen dagelassen hatte, hat er seine Eltern geholt. Sara hat nicht nur gratuliert, sondern auch einen kleinen Test mit der Jubilarin gemacht. Abraham selber hatte ein Lied mitgebracht. 
Als dann alle zusammen noch ein Geburtstagsständchen gesungen hatten, platzte plötzlich ein etwas aufgeregter Mann mit roter Mütze herein. Er stellte sich als Nikolaus von Myra vor und war in höchster Not: sein Pferd war durchgegangen und er hatte eine Geschenklieferung an irgendwelche Kinder zu machen. Isaak bot ihm an, sein Kamel Methusalem auszuleihen, wenn er dafür die Hälfte der Geschenke für die Schwestern bekommen könnte. So haben sie es dann auch gemacht. Und wenn sie nicht gestorben sind, ziehen sie heute noch durch die Wüste - von einer Geburtstagsparty zur nächsten...

Sonntag, 4. Dezember 2011

Überraschender Besuch: Sint & Piet !

Ich bin grad wegen meines Studiums in den Niederlanden. Hier bin ich zu meiner Überraschung auf etwas gestoßen, was ich gar nicht erwartet habe.
"Eintritt verboten! Arbeitsplatz vom Nikolaus! "
Natürlich! Nikolaus! - Da ich zu Beginn meines Klosterlebens einige Monate in den Niederlanden leben durfte, war mir sofort klar, dass das AUSNAHMEZUSTAND bedeutet! Wie konnte ich das nur vergessen? Also habe ich mich auf die Lauer gelegt und habe doch tatsächlich vom Sint und einem seiner Gehilfen die Erlaubnis bekommen das Zimmer mit den Geschenken zu betreten!

So viele schöne Geschenke!
Auf dem runden Tisch sind die ganzen wirklichen Gaben, die gibt es erst heute Abend. Auf dem anderen Tisch liegen die Geschenke, die auf humoristische Weise ein Geschehen aus dem letzen Jahr aufgreifen,
alle mit einem Begleitschreiben in Versmaß!
Die Schwestern werden sicher viel Freude daran haben! Und ich, naja, ich bin ja zum Arbeiten hier...






Aber, als ich wieder an die Arbeit gehen wollte, wartete auch eine kleine Überraschung auf mich! Ohne Reime zwar, aber mit viel Liebe. Sogar den obligatorischen Schoko-Buchstaben habe ich bekommen. Allerdings, nich das H, wie es eigentlich sein müsste, da man den Anfangsbuchstaben seines Namens bekommt. Sondern das J. - Aber der Sint war um eine Erklärung nicht verlegen. "Du hast doch auch einen Namen unter dem Habit?" (Gemeint ist der Namen, den ich vor meinem Klostereintritt hatte). "
Also hab ich das Schoko - J meines Taufnahmens mit Freuden entgegengenommen und lasse es mir mit Kaffee auf der Zunge zergehen. Gesegnet Nikolausfest auch euch!

Mittwoch, 30. November 2011

Himmlische Heerscharen... immer gut für eine Überraschung

Mein heutiger Tag an der Uni barg einige Überraschungen. In der Vorlesung zum Neuen Testament ging es heute unter anderem um die Himmlischen Heerscharen, die bei der Geburt Jesu in Erscheinung treten. Naja, eigentlich stärken sie dem Engel den Rücken, als er den Hirten die Frohe Botschaft überbringt. - Ich durfte lernen, dass sie bei Lukas mit Bedacht erwähnt werden, sie sind das "Gegenheer" zu den römischen Truppen auf der Seite von Kaiser Augustus.
Nach dieser kurzen Erhellung meines Geistes ging der Tag normal weiter, ich stürzte mich in die Lektüre für meine Diplomarbeit. Und nach ein paar Stunden riss mich der Summton meines vibrierenden Mobiltelefons aus meiner niederländischen Lektüre. - Mir liebe und vertraute Menschen waren überraschend angereist und wollten mich gerne auf einen Kaffee ins Café Göttlich einladen, bevor sie wieder abreisten. Juhuuuu, eine Pause! Genau das, was ich brauchte, noch dazu in meinem Lieblingscafé.
Und dann kam der Knaller! Da waren sie wieder, die himmlischen Heerscharen!!!Wir haben dann sehr vergnügt, von Engeln umschwebt, eine nette halbe Stunde verbracht. Eine schöne Begegnung mit einem spürbaren Hauch von SEINER Gegenwart.

Sonntag, 27. November 2011

Der Stern über der Tür...

Ein Licht leuchtet durch die Nacht, es will uns zu dem führen, der für uns Mensch geworden ist. Hier bei uns wird immer in der Adventszeit der Stern über der Kirchentür angebracht.
Ich liebe das. Die Einfahrt zum Gelände unseres Kinderdorfes, in dem unser Kloster liegt, ist recht lang. - Aber fast die ganze Strecke lang fährt oder geht man auf den Stern zu. Und auf der verlängerten Linie, in die Kirche hinein, liegt der Tabernakel.
So gehen wir alle, Große und Kleine, den ganzen Advent hindurch auf den Stern, auf den, den er ankündigt, zu – während wir nach Hause gehen. Darin liegt so eine tiefe und schöne Wahrheit. Wir kommen nach Hause, wenn wir zu IHM gehen. ER ist in unsere Welt gekommen, hat bei uns Wohnung genommen und schenkt uns in der Begegnung mit IHM Heimat. Wenn ER nicht da wäre, dann kämen wir nie nach Hause, egal, wie vertraut uns der Ort und die Menschen sind, bei denen wir einkehren. Unsere Heimat ist ER, machen wir uns also auf den Weg nach Hause, auf den Weg zu dem Kind im Stall.

Donnerstag, 10. November 2011

Zeit

"Sr. Katharina, haben Sie mal eine Nanosekunde für uns?" - "Wie bitte?"
Es war ein Bild für die Götter, wie unsere arme Priorin völlig perplex vor unseren beiden Kandidatinnen stand. Und die guckten ebenso erstaunt zurück: hatten sie was Falsches gesagt?
Katharina ist eher noch eine unserer jüngeren Schwestern und sie steht mitten im Leben - aber Nanosekunden, nein, so ist sie nicht getaktet. Im Kloster messen wir die Zeit anders.
"Tausend Jahre sind vor dem Herrn wie der Tag, der gestern vergangen ist" - so heißt es in den Psalmen. "Im Anfang war das Wort" heißt es im Evangelium - aber wann war dieser Anfang? Wann auch immer: mit Jahrtausenden kommen wir da nicht mehr aus. Wer mit diesen Kategorien umgeht, für den relativieren sich die Sekunden.
Das heißt nicht, dass es bei uns nicht auch mal eilig oder sogar hektisch zuginge. Wenn man z.B. irgendwo hinreist, hat man vorher oft noch so viel zu erledigen, dass wir dann gern vom "Kampf um Meter und Sekunden" sprechen. Aber wir bemühen uns, das nicht zur Regel werden zu lassen. Letztendlich wissen wir doch, dass uns unser Leben und damit auch unsere Zeit von Gott geschenkt ist. Ihm werden wir sie auch zurückgeben - eines Tages. Im Kirchenlied heißt das so:

"Mein Zeit steht in Deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein - ruhig sein in Dir.
Du gibst Geborgenheit, Du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz, mach es fest in Dir."

Samstag, 5. November 2011

Gemeinschaft über den Tod hinaus ...

Heute war der Tag der Gräbersegnung auf dem Friedhof unseres Mutterhauses, das wir seit einigen Jahren nicht mehr bewohnen. Seit sieben Jahren kommen wir jedes Jahr an dem Samstag nach Allerheiligen und Allerseelen auf diesem Friedhof zusammen um gemeinsam zu beten und auf jedem Grab ein Licht zu entzünden.
Immer wieder trifft es mich mitten ins Herz, dass dieser Gottesdienst zweisprachig gefeiert wird. Die Lieder werden Strophenweise in Niederländisch und Deutsch gesungen, die Gebete mal in der einen, mal in der anderen Sprache gesprochen.
Es ist immer auch ein Treffen der Lebenden, Neuigkeiten werden ausgetauscht und oft wird gelacht vor Freude einander wieder zu sehen.
Und es werden Erinnerungen wach, an unsere Schwestern, die hier begraben sind.
Ich selbst habe sie nicht persönlich gekannt, aber sie sind mir lieb und teuer, denn ich stehe auf ihren Schultern, ohne Sie hätte ich keinen Ort um meiner Berufung zu folgen. Mein Herz strömt jedes mal über vor Dankbarkeit, wenn ich die Reihen abschreite und jeden Namen langsam und bewusst lese. Wir sind einander so nah, da wir verbunden sind in IHM und durch den Weg, auf den ER uns gerufen hat.
Sehr deutlich wurde diese Verbundenheit im Schlussgebet unseres Gottesdienstes:
"Lebendiger Gott, gib Frieden uns und unseren verstorbenen Mitschwestern. Gib Ruhe uns und allen Toten. Gib Leben uns und unseren verstorbenen Mitschwestern.
Was Du den Toten gibst, gib uns; was Du uns gibst, gib den Toten, damit wir eine Gemeinschaft sind und bleiben.
Den Toten seit Anfang der Welt - uns seit Beginn unserer Kongregation und uns, die wir jetzt leben.
Lass die Idee von Bethanien auf Erden und im Himmel Wirklichkeit sein und uns verbinden, uns und unsere verstorbenen Mitschwestern. Amen."

Mittwoch, 2. November 2011

Der Leviatan ... oder: Mein ganz persönliches Prüfungsmonster

In letzter Zeit war hier nicht viel von mir zu lesen, ich war versunken in einem Wust von Papier und darauf befindlichen Informationen.... Ich habe für den ersten Teil der Diplomprüfung im Fach Theologie gelernt.
Jetzt ist es geschafft, der erste Teil ist bestanden.
Und endlich habe ich die Unterlagen in Ordnern abgelegt und Ordnung in mein chaotisches Zimmer gebracht.
Und auf den Ordnern thront ein Gummi-krokodil....
















der Leviatan.... mein persönliches "Prüfungsmonster"
, welches mir feierlich zu meinem "Sieg", dem Bestehen des 1. Prüfungsblocks, überreicht wurde. Ich solle nie vergessen, dass Gott den Leviatan ja, wie der Psalmist sagt, geschaffen habe, damit er mit ihm spielen kann. - Die Erklärung für dieses reizende Geschenk hat mich echt beeindruckt:
"Nur weil es dir vorkommt wie ein Monster, heißt das nicht, dass du davor Angst haben musst. Ist nur halb so wild, wie es aussieht. Und mit der Leichtigkeit des Spiels kommst du auch über schwere Hindernisse drüber. Damit du das bei der Diplomarbeit und dem zweiten Prüfungsblock nicht vergisst, schenk ich dir dies ´Prüfungsmonster`."

Mittlerweile haben wir uns angefreundet, ich streichle ihm jeden Morgen auf dem Weg zur Uni über sein aufgerissenes Maul und schmunzle: "Ja, geschaffen, um damit zu spielen ... Möge Gott mir die Leichtigkeit geben, die ich brauche um den "Monstern meines Tages" nicht gelähmt gegenüber zu stehen."
Danke für diesen super Mutmacher!

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Dankt dem Vater mit Freude

Heute abend saß in der Vesper Sr. Maria neben mir. Eigentlich wäre das nichts Besonderes, das ist ihr Platz, aber sie kommt nicht mehr so oft in die Kapelle. Sie ist noch gar nicht so alt, aber leider ziemlich verwirrt.
Heute jedoch wollte sie mit uns beten. Sie nahm sich ihr Brevier und schlug es auf - aber natürlich wusste sie nicht, wo. Ich wollte es ihr zeigen - aber sie winkte ab: "Ich kann das eh nicht mehr so richtig lesen". Sie behielt das Buch also in den Händen, ohne hineinzusehen und hörte unserem Beten zu.
Die Psalmen, die wir abends beten, waren ursprünglich Lieder. Sie eignen sich gut, im Wechsel gesungen oder gesprochen zu werden: die Schwestern auf der linken Seite lesen den ersten Vers, die auf der rechten Seite den zweiten, usw.
Nach zwei Psalmen folgt ein Text aus dem neuen Testament, das sogenannte Canticum - ebenfalls in Versform gebracht, na ja, eher gezwängt. Das heutige Canticum war vom Versmaß etwas sperrig, aber vom Inhalt wunderschön. Ich liebe diesen Text. Und plötzlich hörte ich, wie Sr. Maria neben mir mitsprach, sie konnte den ganzen schwierigen Text auswendig - wer weiß, wie oft in ihrem Leben sie ihn schon gebetet hat:

"Dankt dem Vater mit Freude!
Er hat euch fähig gemacht,
Anteil zu haben am Los der Heiligen,
die im Licht sind.
Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen
und aufgenommen in das Reich
seines geliebten Sohnes.
Durch ihn haben wir die Erlösung,
die Vergebung der Sünden.
Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.
Denn in ihm wurde alles erschaffen,
im Himmel und auf Erden,
das Sichtbare und das Unsichtbare,
Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten;
alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen.
Er ist vor aller Schöpfung, in ihm hat alles Bestand."

Und mir ging auf: Wenn der Verstand sich umnachtet, dann befähigt uns Gott dennoch, Anteil am Licht zu haben. Und wenn alles ins Wanken gerät, wenn nichts mehr stimmt, dann dürfen wir doch sicher sein: in Ihm hat alles Bestand.
Danke, Sr. Maria, für diese Übersetzung des Kolosserbriefes!

Sonntag, 16. Oktober 2011

Bischöfliche Kleideranprobe

Trara!
Okay, vielleicht noch
ein bisschen zu groß...
 
Nun kann ich endlich auch noch ein bisschen erzählen, was Weihbischof Borsch denn eigentlich bei uns gemacht hat. Natürlich haben wir miteinander Messe gefeiert, er hat bei uns Schwestern gefrühstückt und mit uns geredet. Dabei ging es sehr entspannt zu und er hat uns Mut gemacht - naja, nach der nächtlichen Begegnung hat mich das eigentlich nicht mehr überrascht.
Am Nachmittag hat er dann unser Kinderdorf besucht. In einer Kinderdorffamilie hat er den Kindern gezeigt, woraus der Bischofsornat besteht - und das durften die Kinder dann auch gleich mal probieren.
...und jetzt krieg ich
auch noch die Mütze, ja?
Zur Kleideranprobe kam eine Ratestunde: Wieviel Knöpfe hat wohl so eine Soutane? Ganz klar: 33 - und wieso? Na, weil Jesus 33 Jahre alt geworden ist. Da blieb sogar manchem Erwachsenen der Mund offen: Wir wussten gar nicht, was unsere Kinder alles wissen!
Umgekehrt waren die Kinder ebenfalls sehr beeindruckt, dass auch der Bischof eine ganze Menge wusste. Er kannte sogar die Geschichte von Jesus und Zachäus, die in der Messe dran gewesen war! Und er konnte erklären, warum der Bischof so eine komische Mütze trägt und noch so manches mehr.
Zum Schluss meinte einer der Jungen, eigentlich könnte der Bischof doch jetzt jede Woche kommen. Leider haben wir vergessen, ihn danach zu fragen. Jetzt müssen wir wohl auf die nächste reguläre Visitation warten. Schade.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Runtergefahren

Arbeiten Sie viel am Computer? Dann ist Ihnen vielleicht auch schon mal der Vergleich in den Sinn gekommen, dass der Mensch genauso "runterfährt" wie sein Rechner.
Bei mir jedenfalls ist das so: Wenn ich abends noch länger arbeiten muss, dann brauche ich anschließend eine ganze Weile, um von "volle Leistung" in den Ruhemodus umzuschalten. Dazu gehört das Aufräumen des Schreibtischs, das Runterfahren des PCs, Fenster schließen und Licht ausmachen im Büro. Auf dem Weg durchs Treppenhaus und rüber zum Schwesternhaus bin ich dann schon wesentlich ruhiger. Auch hier gibt es noch Lichter zu löschen und Türen ab- und aufzuschließen, aber das passiert alles mehr oder weniger automatisch: ich bin schon auf "standby".
In diesem Moment sollte man mich besser nicht mehr stören. Ich bin dann einfach nicht mehr so recht zu sozialen Aktionen fähig, nicht mehr flexibel und schon deutlich in den Reaktionen verlangsamt.
Wieso erzähle ich das? Vorgestern kam ich in diesem standby-Modus die Treppe des Haupthauses runter, 22:00, schon alles dunkel. Plötzlich höre ich Stimmen. Männerstimmen. Mein armes, verlangsamtes, schon halb schlafendes Gehirn begann mühsam einen Sicherheitscheck: Einbrecher? - Zu laut. Mitarbeiter vom Kinderdorf? - Zu spät. Private Gäste? - Mir sagt wieder keiner was! Offizielle Gäste? - Mmh? Moment! Da war doch was! Ich weiß... ich weiß... wer... das... ist...
In dem Moment stand ich zwei freundlichen Herren ganz in Schwarz gegenüber. "Guten Abend! Sie sind Schwester...?" "Barbara." Das kann mein Gehirn auch im Tiefschlaf. Und dann hat mein Gehirn aus den Tiefen seiner demokratisch-bürgerlichen Erziehung etwas hervorgekramt, das ich ihm nicht so schnell verzeihen werde. Ich habe nämlich gelernt, dass sich der Herr zuerst vorstellt. Nicht die Dame. Also so von wegen Knigge und Höflichkeit und so. Deshalb hat mein Gehirn reflexartig an meine Sprechwerkzeuge den Befehl geschickt zu sagen: "Und Sie sind ...?"
Der Gedanke war noch nicht ganz in Schallwellen umgewandelt, da hatte der andere Teil meines Gehirns seinen Sicherheitscheck beendet und meldete triumphierend: Es ist der Bischof! Weihbischof Borsch mit seinem Fahrer, der während seiner Visitation ja bei uns wohnt - was für eine Ehre!!!
Ne, ne, ne, das war ein Neustart! Zum Glück ist dieser Bischof die Freundlichkeit in Person, einer, der die Situation rettet und sich tatsächlich vorstellt und dann später nichts krumm nimmt. Eben jemand, dem man getrost auch im Dunkeln begegnen kann...

Samstag, 8. Oktober 2011

Die Glocke

Heute wäre ich um ein Haar zu spät zur Vesper gekommen.
Vorher hatte ich noch fröhlich vor mich hin gearbeitet. Samstag ist immer ein toller Tag, eigentlich schon ab Freitag nachmittag, weil ich da ganz allein in meinem Büro bin. Die Mitarbeiter sind dann im wohlverdienten Wochenende und Mitschwestern verirren sich um die Zeit normalerweise nicht mehr nach hier oben. Also alles easy und entspannt, bis...
...ich plötzlich auf die Uhr sah und feststellte, dass es kurz vor halb sechs war. Samstags beten wir die Vesper früher, daran hatte ich eigentlich auch gedacht, aber die Uhr nicht im Blick gehabt. Keine Zeit mehr zum Umziehen, gerade noch Abspeichern und Rechner runterfahren saß drin.
Ich hab's noch rechtzeitig geschafft - und stellte dann fest, dass die Reihen in der Kapelle recht spärlich besetzt waren. Nach und nach trudelten alle Schwestern ein, aber es war schon seltsam.
Woran es lag? Ganz klar: unsere Glocke hatte nicht geläutet!
Normalerweise erinnert sie 10 min vor Beginn jeder Gebetszeit daran. Manchmal nervt sie mich, weil sie etwas scheppert. Aber kein Zweifel: das Läuten ist überaus hilfreich.
Und jetzt ist sie runtergefallen. Einfach so. Vielleicht war das Scheppern ja der Vorbote... Irgendwie sieht es traurig aus, wie sie da im Gras liegt. Okay, sie ist nicht gerade der Dicke Pitter - aber unsere Kapelle ist ja auch nicht der Kölner Dom. Sie passt zu uns, klein und manchmal etwas scheppernd, aber doch treu in ihrem Dienst für Gott. Und ohne geht irgendwie gar nicht. Jedenfalls nicht so richtig.
Hoffentlich hängt sie bald wieder jemand auf!

Mittwoch, 5. Oktober 2011

...wie schön ist es, eine Kandidatin zu sein.

Welch eine Überraschung! Dieser Blog war unter anderem ein Wegweiser auf meinem Weg in die Kandidatur. Und jetzt lese ich hier so liebe Worte und Begebenheiten, an denen ich beteiligt bin. Tiefe Dankbarkeit für Gottes Wirken erfüllt mich, die ich nicht in Worte fassen kann.
Wundersam - noch vor einem halben Jahr kannte ich die Dominikanerinnen von Bethanien gar nicht. Nun darf ich hier sein und er-leben, wie das Leben im Kloster ist.
Staunend nehme ich auf, wie einerseits völlig normal der Alltag verläuft. Jedoch im Umgang miteinander so ganz anders, als ich es gewohnt bin. Es sind nur Kleinigkeiten: liebevolle Gesten, ein nettes Wort und die ständige Aufmerksamkeit für die Befindlichkeit der Anderen. Das macht den gravierenden Unterschied. Ich, als Newby fühle mich so liebevoll "unter die Fittiche" genommen. Es macht große Freude, mit den Schwestern durch den Park zu fahren oder beim Spülen zu helfen. Dabei fühle ich mich als ein Teil dieser Gemeinschaft.
"Ein Herz und eine Seele. Die Gesamtheit der Gläubigen war ein Herz und eine Seele, und nicht ein einziger nannte etwas von dem, was er besaß, sein eigen, sondern sie hatten alles gemeinsam. Mit großer Macht gaben die Apostel Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus und große Gnade ruhte auf ihnen allen." Apg 4, 32

Anna-Maria, Schwalmtal

Sonntag, 2. Oktober 2011

Die Kandidatin

Zur Zeit haben wir zwei Kandidatinnen, eine in Schwalmtal am Niederrhein und eine in Leipzig.
Die Kandidatur ist die erste Stufe der Ordenszugehörigkeit. Nach dem ersten Schnuppern als sogenannte "Interessentin" (intern auch "Guckfräulein" oder "Sehjungfrau" genannt) wird sie offiziell aufgenommen und einem Haus ("Konvent") zugeordnet. Mit der Generalleitung werden die Details der Kandidatur besprochen: sie kann bis zu 2 Jahren dauern und offen oder geschlossen erfolgen. Das hängt von den Lebensumständen der betreffenden Frau ab.
Offene Kandidatur heißt, dass die Kandidatin noch mehr oder weniger in ihrer eigenen Wohnung lebt und so oft es ihr möglich ist, im Konvent vorbeikommt. Eine geschlossene Kandidatur bedeutet, dass die Kandidatin schon richtig im Konvent lebt. Sie kann trotzdem noch eine eigene Wohnung haben, diese Phase ist noch relativ unverbindlich.
In beiden Fällen ist das Ziel, das Leben im Orden kennenzulernen und den nächsten Schritt vorzubereiten: das Postulat. Doch bevor man diese größere Verpflichtung eingehen kann, muss eben gut geprüft werden, ob Kandidatin und Gemeinschaft zueinander passen.

An dieser Stelle möchte ich einmal zu Protokoll geben: Kandidatinnen sind klasse! Ehrlich.

Zunächst mal sind sie natürlich ein 1A-Passe-partout. Man kann sie überall einsetzen, wo gerade jemand fehlt: Wer kann Sr. Tusnelda zum Bahnhof bringen? und Pater Otto vom Flughafen abholen? und wer kann mal mit den alten Schwestern im Rollstuhl durch den Park spazierenfahren? Ach, und beim Spülen ist es auch schon wieder so eng... Kein Thema: wir haben ja eine Kandidatin, die kann alles!
Aber vor allem haben Kandidatinnen noch einen anderen Vorzug: Unabhängig von der Person und ihrem Alter kommen sie mit einem neuen und frischen Blick. Sozusagen mit großen, erstaunten Augen sitzen sie zwischen uns und stellen durch ihre bloße Anwesenheit alles in Frage, was wir sagen und tun. Sie brauchen gar nicht wirklich den Mund aufzumachen: manchmal frage ich mich selber, allein schon dadurch, dass sie dabei ist. Warum tue ich dies oder das eigentlich? Lebe ich noch so, wie wir es uns vorgenommen haben? Erlebt sie bei uns das Ideal, das wir ihr versprochen haben?
Kandidatinnen werden so zu einem wertvollen Korrektiv unseres Ordenslebens.
Wenn sie es ins Postulat schaffen, verändert sich das Verhältnis. Dann werden die geistlichen Aspekte wichtiger als die des praktischen Lebens. Aber darüber schreibe ich ein anderes Mal.

Freitag, 30. September 2011

Hinter den Fassaden

Unsere Schwestern in Leipzig haben ein Video ins Netz gestellt. Es ist der zweite Teil einer Reihe über das Leben in der Eisenbahnstraße, einem sozialen Brennpunkt in Leipzig. Unsere Schwestern haben dort nicht nur einen Konvent, sondern auch ein offenes Haus für die Menschen. Sr. Hellena spricht über ihre Arbeit und das bunte Leben der verschiedenen Kulturen, Schichten und Ansichten.
Hier der Direktlink zum Video:
Wer mehr über den Konvent in Leipzig wissen möchte, findet es hier: 

Mittwoch, 28. September 2011

mentoring4u - 2. Teil

Okay, hier die versprochenen Antworten:
Ganz allgemein ging es um die Fragen: wie hole ich die richtigen Leute in mein Unternehmen (Anwerben, Rekruitment...) und wie begleite ich sie danach weiter, damit sie sich optimal entwickeln - zu ihrem eigenen Wohl und zum Nutzen des Unternehmens gleichermaßen. Mentoring meint dabei die Betreuung eines Neulings durch einen erfahrenen Mitarbeiter.

Jetzt zunächst mal zum Referenten von der EZB. Der stellte eine Menge Fragen in den Raum, u.a. die, wie spezifisch wir unsere Ausschreibungen machen sollen. "Wir"???? Was haben wir Dominikanerinnen (ursprünglich ein Bettelorden!!!!!) mit einem Oberbanker zu tun????!!!!
Aber die Frage passt auch auf uns: Wenn ich Frauen einlade, uns zu besuchen und uns kennenzulernen - wie spezifisch mache ich das? Wie eng ziehe ich den Kreis der Adressaten?
Der Referent hat in diesem Fall nur gefragt, nicht geantwortet, und auch ich habe noch keine Antwort. Ich werde darüber nachdenken - ich brauche eine Antwort spätestens, wenn ich den nächsten Flyer entwerfe.

Die Ausbilderin von der Deutschen Bahn fragte in eine ähnliche Richtung: Was mache ich, wenn ein Bewerber kommt, der die Bedingungen nicht erfüllt? Schraube ich die Anforderungen runter?
Ein Orden ist kein Wirtschaftsunternehmen, aber auch wir stellen gewisse Anforderungen an unsere Bewerberinnen. Ja, Gott liebt uns alle gleich, wir sind auch alle gleich viel wert! Aber deshalb sind noch nicht alle gleichermaßen für das Leben in einer Ordensgemeinschaft geeignet (und da reden wir noch gar nicht von der Berufung - nur von der Eignung!!!) Wieviel dürfen und müssen wir verlangen?

Ein anderer Aspekt kam nachmittags im Plenum. Da ging es um die Frage, wie begleite ich die Mitarbeiter später innerhalb des Unternehmens so, dass sie sich weiterentwickeln können und nicht stehen bleiben, Personalführung also. Eine Personalverantwortliche von der Lufthansa erzählte dazu, wie in ihrem Unternehmen, das ja sehr groß ist, Versetzungen ganz normaler Bestandteil der Karriere sind.
Unsere Kongregation ist gegenüber der Lufthansa winzig - aber international versetzt werden wir auch! Jetzt hörte ich also, dass andere das auch machen - aber nicht aus Not, oder weil man mit versetzbaren Mitarbeitern leichter operieren kann (das natürlich auch), sondern v.a., weil der Mitarbeiter sich dadurch persönlich weiterentwickelt und seinen Horizont erweitert - was für bestimmte Aufgaben unerlässlich ist.

Es gab noch etliche andere Referate, von vielen habe ich gute Anregungen mitgenommen. Aber am besten hat mir doch der General gefallen. Er erzählte zunächst mal, dass 80% der SoldatInnen nach einer gewissen Zeit in einen zivilen Beruf wechseln. Deshalb, so sagte er, verstehe er die Bundeswehr nicht als Konkurrenz zur Wirtschaft, sondern man müsse gesamtgesellschaftlich denken. Es gehe uns schließlich allen darum, jungen Menschen eine Perspektive zu bieten.
Na, da hab ich mich angesprochen gefühlt, das tun wir auch!
Später wurde er gefragt, wie er die jungen Leute motiviert, in Kampfeinsätze zu gehen und ihr Leben zu riskieren. Und noch bevor er die Qualität der Ausbildung und die politisch-ethische Legitimation erwähnte, hob er als erstes hervor, es gehe hier um eine Schlüsselfrage des Seins. Alleine Normen zu vermitteln (Wie mache ich das?) sei nicht genug. Wenn die Jugendlichen nicht von selber die Sinnfrage stellten, die Frage nach dem "Warum" und "Wofür", dann müssten die Ausbilder sie darauf stoßen!
Na, und damit war ich dann ja sozusagen in meinem Kerngeschäft.

Also habe ich bei all dem Gerede über Personalplanung und -entwicklung, Assessment und Human ressources doch eine Menge Parallelen zu unserem "Unternehmen" Bethanien gefunden. Auch wir wollen jungen Menschen eine Perspektive bieten, weil wir vom Sinn unseres Unternehmens überzeugt sind. Dafür müssen wir diese Leute aber finden, bzw. sie uns. Wer die Richtige ist, entscheiden nicht wir, unser Personalchef ist ja schließlich der Heilige Geist. Aber wir bemühen uns, ihm den Weg zu ebnen, wo wir können.
Innerhalb des "Unternehmens" bemühen wir uns, jede bestmöglich zu fördern. Zum einen brauchen wir qualifizierte Schwestern für die verschiedensten Aufgaben, zum anderen haben auch die Orden längst begriffen, dass eine motivierte und engagierte Schwester ein Gewinn für ihre Gemeinschaft ist.
Ich weiß, dass das manchen weh tut, aber: ja - ich finde, wir können von verantwortungsvollen Wirtschaftsbetrieben lernen!

Dienstag, 27. September 2011

mentoring4u - 1.Teil

Heute war ich auf einer spannenden Veranstaltung in Frankfurt: "1. Deutscher Mentorentag 2011" nannte sich das, Untertitel: "Chancen und Perspektiven des Mentoring für die Nachwuchssicherung".
Was "Mentoring" ist, mussten wir selber in den Arbeitsgruppen erst noch genauer klären, aber Nachwuchs sichern ist ja immer gut. Nur: Eigentlich war das eine Veranstaltung für Wirtschaftsunternehmen. Die Lufthansa war mehrfach vertreten, ebenso die Deutsche Bahn AG, mehrere Banken, verschiedene Autobauer, im Plenum auch kleinere Unternehmen, usw.

Ja, was um Himmels willen hat das dann mit uns zu tun?

Warum habe ich interessiert einem Vertreter der Europäischen Zentralbank zugehört, wenn er über seine Nachwuchswerbung und -betreuung spricht? Wieso betrifft es mich, wie der Brigadegeneral, der als Referent geladen war, seine jungen Leute motiviert, nach Afghanistan zu gehen? Und wieso haben mich die beiden Personalmanagerinnen der Lufthansa und der DB so zum Nachdenken gebracht?

Die Antworten gibt's morgen, jetzt bin ich zu müde (bin leider auf der Rückfahrt nicht ins Internet gekommen, drum ist es schon so spät).
Gute Nacht! ;-)

Montag, 19. September 2011

Kreuzdame

Das ZDF dreht z.Zt. eine Sendung für ihren Kulturkanal, zusammen mit unserer Sr. Jordana. Sie berichten in einem eigenen Blog fast täglich darüber, wir haben den Anfang verpasst, wollen aber wenigstens jetzt darauf hinweisen. Hier die Beschreibung des Projektes und der Link zum Blog:
(leider funktioniert der Link nicht ganz richtig: man muss erst noch auf das Kreuz oder die Brille klicken, um zu den Beiträgen zu kommen - aber dann...!)

Die Reise:

Schwester Jordana und der Moderator Rainer Maria Jilg machen eine Reise. Auf dem Weg durch den Nahen Osten setzen sie sich mit ihrem eigenen Glauben auseinander, mit der Bedeutung und Rechtfertigung der Religion in der heutigen Zeit.
Sie gehen der Frage nach, warum die heiligen Schriften mit ihrer Botschaft der Liebe bis heute als Begründung für Intoleranz und Gewalt herhalten müssen. Statt Experten zu interviewen, entfalten und entwickeln die Protagonisten ihre eigene Haltung im Zusammentreffen mit den verschiedensten Menschen entlang der Strasse.
“Strassenfilm” ist zuerst und vor allem ein Roadmovie, ein Abenteuertrip. Zugleich aber auch ein sehr intimer, auf die Persönlichkeit der Protagonisten konzentrierter Film. Die beiden legen zwar viele, viele Kilometer zurück, begeben sich aber in Wirklichkeit auf eine spirituelle Reise.

Sonntag, 18. September 2011

Willkommen - zu Hause?

Da bin ich also - wieder. Ich bin in unseren Konvent in Schwalmtal eingezogen, 27 Schwestern sind wir jetzt im Haus. Der Empfang war sehr warmherzig, das Zimmer hübsch mit Blumen geschmückt.
Ich habe seit meiner Ankunft schon eine Menge Menschen getroffen. Nicht nur die Schwestern, sondern auch Mitarbeiter und Jugendliche vom Kinderdorf. Außerdem war gestern ein Tag für die Firmlinge des Pfarrverbandes bei uns und ich war direkt mit einem Workshop dabei. Die Jugendlichen kannte ich nicht, aber die Katecheten zum Teil, denn vor meiner Versetzung nach Lettland hatte ich auch mal eine Firmgruppe.
Selbst heute nach der Messe kamen wieder Menschen auf mich zu: "Sr. Barbara! Sind Sie wieder da? Ganz? Willkommen zu Hause!"
Soviele freundliche Gesichter, das tut mir natürlich gut. Es ist schön, wieder an einen Ort zurückzukommen, an dem man gerne gelebt hat. Ich habe mich auch relativ rasch wieder zurechtgefunden: Die Melodien in den Laudes waren noch ganz vertraut. Ich habe mein Postfach gefunden und geleert und schon mal vorsichtig begonnen, das Fach in der Kapelle zu füllen. Die meisten meiner Bücher kommen ja erst noch. Eine Schwester sagte, es komme ihr vor, als sei ich nie weg gewesen.
Und da wird es komisch. Ich weiß, wie sie es meint, und es gibt Momente, da kommt es mir genauso vor. Manche Dinge haben sich nicht verändert in all den Jahren. Ich kenne mich hier aus.
Aber ich habe 4 1/2 Jahre nicht mehr in diesem Haus gelebt. Erst war ich in einem anderen deutschen Konvent, dann eben im Ausland. Und wenn ich mich genauer umsehe, hat sich auch hier einiges verändert. Schwestern, mit denen ich damals zusammengewohnt habe, sind gestorben oder wegversetzt worden. Andere leben jetzt hier, die ich noch kaum kenne. Wir alle sind älter geworden, es ist manches passiert in der Zwischenzeit - auch ich bin nicht mehr dieselbe, die ich vorher war. Riga hat mich in vielerlei Hinsicht verändert.

Es ist eine bethanische Grundtugend, dass wir anderen Menschen immer wieder einen neuen Anfang ermöglichen, dass wir niemanden auf seine Vergangenheit festlegen. Das kommt aus der Bibel: der Sünder, der sich bekehrt, ist von Gott genauso geliebt wie der, der nie gefallen ist. Wieso sollten wir Menschen also einen Unterschied machen? Wichtig ist, was jetzt ist, nicht was früher war.
Ich bin gespannt, ob wir es schaffen, das, was für unsere Spiritualität so wesentlich ist, auch im profanen Alltag zu leben: werden wir einander die Chance geben, uns neu kennenzulernen, so wie wir jetzt geworden sind?

Freitag, 16. September 2011

Abschied

Ich bin von Lettland zurück nach Deutschland versetzt worden, genauer gesagt nach Schwalmtal, an den Niederrhein. Heute mittag ging mein Flugzeug, meine Sachen bringen mir zwei unglaublich liebe Schwestern - Sr. Marjolein und Sr. Magda - mit dem Auto in wenigen Tagen nach.
Ich habe den Abschied kommen sehen. Ich bin mit der Versetzung einverstanden. Ich freue mich auf die Heimat, auf Menschen, Orte, Lieder, Feste ... - und deutsche Brötchen! Es wird eine Menge Arbeit auf mich zu kommen, auch Herausforderungen, das ist der eigentliche Grund für die Versetzung. Auch darauf freue ich mich. Und doch...

Ich habe Lettland in 2 1/2 Jahren liebgewonnen. Die Menschen, die Natur, die Musik, die Liturgie ... - und den lettischen Meerrettich! So fiel mir der Abschied nicht ganz leicht. Viele Menschen haben mir beim Abschiednehmen geholfen: Freunde, unsere Studentinnen aus dem Haus, Gemeindemitglieder und natürlich die Mitschwestern - mit allen habe ich Abschied gefeiert, mich drücken und mir liebe Sachen sagen lassen. Ich habe Blumen, Süßes, einen Bären mit der Aufschrift "Jemand in Lettland hat dich sehr lieb" und manch anderes geschenkt bekommen und bin manch einen wichtigen Ort noch mal angefahren.

Trotzdem... Eigentlich wollte ich gestern noch ein letztes Mal ans Meer fahren, ganz allein. Dann hab ich das nicht mehr geschafft, es war noch so viel zu packen und zu putzen, und außerdem fing es dann an zu regnen. Da dachte ich: "Du hast dich gar nicht richtig verabschiedet."
Aber ist das richtig? Ich war zweimal am Meer mit dem Bewusstsein: oft kommst du hier nicht mehr hin. Aber beide Male fand ich es nicht schön genug, ich wollte für meinen Abschied den optimalen Moment und habe mir eingeredet: "ich komme schon nochmal hierher!" Hätte ich doch die beiden Besuche intensiver genutzt...

Wenn das jetzt mit meinem ganzen Leben so geht? Wenn ich eines Tages sterbe und denke: aber ich wollte doch noch einmal ... ? Keine Chance: Wenn der Abschied kommt, muss man gehen. Es hilft, wenn man weiß, wohin man geht und man sich darauf freut. Aber vorbereiten sollte man sich trotzdem. Hier und jetzt leben und nehmen, was kommt und sich daran freuen - nicht warten auf das Leben an einem fernen, optimalen Tag.
Es ist noch nicht zu spät: heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.

Samstag, 10. September 2011

Ordensleute gegen Frauenhandel



Heute endet der erste Kongress des RENATE (Religious in Europe Networking Against Trafficking and Exploitation). Wir wollten mit dem Kongress auch die Schwestern des Osten Europas mit einbeziehen, denn das Problem ist ein globales.
Wir waren 76 Teilnehmern aus 19 Laendern und haben eine knappe Woche sehr intensiv gearbeitet. Es ist ein Anfang. Es ist wichtig, mit so vielen Personen und Organisationen als moeglich, zusammen zu arbeiten, denn wir haben einen starken und intelligenten Gegner (der Gewinn der Kriminellen steht auf der dritte Platz, nach Waffen- und Drogenhandel).
In jedem Fall wurden wir ermutigt, entschieden weiterzugehen.
Falls jemand Interesse hat, kann ich gerne einige kurze Videos schicken zur Verdeutlichung der Problemen.
Und von diesem Platz moechte ich jeden ermutigen, der einen Verdacht hat, dass irgendwo Menschen verhandelt oder ausgebeutet werden, das zu melden. in Deutschland gibt es u. A. Solwodi, in den niederlanden die SRTV (in google beide gut zu finden). oder bei der Polizei.
Nur wenn viele sich einsetzen koennen wir das Leben der verhandelten Frauen (und Maennern) menschlicher machen.

Freitag, 9. September 2011

Die Mücke in der Anbetung

Heute abend hatten wir - wie jeden Freitag - eine Stunde gemeinsame Anbetung. Ich hatte mich darauf gefreut: soviel Zeit zum Beten ist doch immer wieder ein Geschenk, und dann in unserer schönen Kapelle...
Allerdings hatte ich mich kaum ins Gebet vertieft, da hörte ich direkt an meinem Ohr das charakteristische Sirren einer Mücke, kurz darauf konnte ich sie auch sehen. Nun kann ich alle möglichen Viecher um mich rum in Ruhe fliegen lassen - aber Mücken? Nein! Nur die Anwesenheit der anderen Beter hat mich gehindert, auf der Stelle auf Jagd zu gehen, und es hat mich einige Kraft gekostet, die Gedanken wieder auf den Tabernakel zu lenken.
Warum erzähle ich das? Weil ich es für typisch für unser ganzes Glaubensleben halte. Wir sind ständig von allem möglichen umgeben, das uns signalisiert: "Beachte mich! Ich bin wichtig!" Anderes ist vielleicht nicht so wichtig, aber dafür dringend. "Wichtig UND dringend" gibt es natürlich auch. Manchmal ist das wirklich so, manchmal möchte aber auch eine Mücke zum Elefanten gemacht werden.
Wenn ich nun versuche, Gott in meinem Leben Raum zu verschaffen, dann muss ich Orte und Zeiten finden, an denen ich der Versuchung widerstehen kann, mich ständig um all diese wichtigen und dringenden Angelegenheiten zu kümmern. Klar: das Telefon hört gleich auf zu klingeln - aber Gott ist nach dem Telefonat ganz sicher immer noch da. Nur: Wenn ich mich jetzt vom Telefon im Gebet stören lasse, dann ist es gleich die Haustürklingel und danach ein Problem, über das ich noch nachdenken muss und danach vielleicht eine erlittene Kränkung, über die ich grübeln möchte.
Einen Ausweg finde ich erst, wenn ich meine Prioritäten kläre. Gibt es Zeiten, in denen ich mit Gott rede, weil Er mir wichtig ist und ich auf Seinen Willen hören möchte? Dann brauche ich dafür Ruhe! Anrufbeantworter an, Schild an die Tür, volle Konzentration: wenn ich in der Firma einen Termin mit dem Chef habe, darf ich auch nicht ans Handy gehen oder in Gedanken meinen nächsten Urlaub planen.
Wohlgemerkt: das alles nicht, weil Gott ein so strenger Chef wäre, der sonst zornig würde. Wenn mein Motiv Angst ist, wird mein Gebet zur lästigen Pflicht. Nein, ich will diese Zeiten der Ruhe, ich brauche sie, ich spüre, wie gut sie mir tun. Ich möchte Gott hören können, aber ich habe erfahren, dass seine Stimme recht leise ist. So übe ich mich im Zuhören - und Übung macht ja bekanntlich den Meister.

Mittwoch, 7. September 2011

Blog-Buße

Normalerweise blogge ich gerne, aber dieser Beitrag ist eine wahre Buße. Das meine ich wörtlich: ihn zu schreiben, wurde mir als Bußübung auferlegt.
Nun tun sich heute viele Menschen mit dem Begriff der Buße schwer. Die Assoziationen reichen vom theatralischen "Das wirst du mir büßen!" bis zum mittelalterlichen Büßerhemd. In unserem modernen Alltag scheint die Buße dagegen nicht mehr vorzukommen, daher sei vorab eine Erklärung gestattet.
Eigentlich ist Buße was Tolles: sie ermöglicht die Umkehr, wenn man sich von Gott und der kirchlichen Gemeinschaft entfernt hatte. Wir tun das auch heute noch ständig, im Kleinen und im Großen, nur haben wir zumindest in Deutschland den selbstverständlichen Umgang mit dem Bußsakrament verloren. In Lettland ist das anders: die Menschen beichten ganz regelmäßig und ohne großes Aufhebens. Es gehört zum kirchlichen Alltag dazu wie das Fensterputzen zum Haushalt: hin und wieder muss es eben sein, wenn man klar sehen will.
Die äußeren Formen der Buße sind dabei sehr unterschiedlich, auch im Laufe der Geschichte. Aber immer geht es darum, dass man sich innerlich abwendet von einem Verhalten, dass man als falsch erkannt hat - und das dann auch durch äußere Taten bekräftigt.
In Klöstern gibt es die Tradition des Schuldkapitels. Die Gemeinschaft versammelt sich zur Gewissensprüfung der Einzelnen. Meine älteren Schwestern haben mir häufig Geschichten erzählt, wie sie etwas zerbrochen hatten oder zu spät gekommen waren und dafür dann absurde Bußen auferlegt bekamen. Ich bin froh, dass diese Zeiten vorbei sind.
Heute sieht es in den Klöstern natürlich anders aus. Unser Schuldkapitel hat sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das auch von den Orden Reformen forderte, drastisch gewandelt. Es ist immer noch wichtig, miteinander darüber zu reden, wenn wir einander Unrecht tun, wenn etwas schief geht - aber niemand legt der anderen noch eine Buße auf.
Ich habe neulich auch etwas zerbrochen. Beim Putzen. Die Seifenschale an meinem Waschbecken. Klar: ich musste nicht die Scherben beim Schuldkapitel vor mir hertragen und mich dieser Tat anklagen - aber den Schwestern Bescheid sagen musste ich doch. Sie haben sehr empört getan und konnten sich doch das Lachen kaum verkneifen, weil ich wohl ziemlich zerknirscht aussah.
Nachkaufen kann man die Schale nicht einfach. In den Ring, der sie hielt, habe ich einen Seifenspender reingestellt, den ich geschenkt bekommen habe. Und jetzt? Da meinten sie, ich solle als Buße über diese Sache im Blog schreiben. Quasi eine öffentliche Beichte. Habe ich hiermit getan.
Alles in allem finde ich, ich bin mit meiner Buße gut weggekommen. :-)

Samstag, 3. September 2011

In flagranti

Nach dem dritten Mückenstich glaubt der Mensch an die Kollektivschuld.
So hat es eine meiner Schwestern mal festgestellt und ich finde diese Erkenntnis immer wieder bestätigt: da hockt eine arme Mücke irgendwo friedlich herum, tut nix Böses, überlegt vielleicht, ob sie noch irgendwo ein Bier trinken oder 'n bisschen abtanzen soll und - zack! - wird sie hinterrücks von irgendeinem Menschen ermordet, der ihr unterstellt, dass sie ihn in der kommenden Nacht hätte angreifen wollen. Unglaublich sowas, und doch geschieht es täglich!
Auch ich kann mich von dieser barbarischen Praxis nicht freisprechen. Allerdings: Heute Nacht hab ich die Richtige getroffen!
Mein Handy hatte mich mitten in der Nacht geweckt ("Hunger!"), sonst hätte ich den heimtückischen Angriff wohl verschlafen. Aber so hörte ich gerade noch rechtzeitig das verräterische Bsssssss. Glücklicherweise ist mein "Ich-hau-jede-Mücke-tot-Reflex" zuverlässig trainiert, so dass ich sie auch im Halbschlaf und Dunkelheit erwischt habe. Vollgesaugt war sie, sozusagen in flagranti erwischt. Heute morgen bestätigte sich dann der Verdacht: sie hatte es mir vorher am Fuß abgezapft!
Mmh... Erst tothauen und dann die Schuld prüfen? Wir erinnern uns an Immanuel Kant und seinen kategorischen Imperativ: Nein, das Handeln dieser Nacht machen wir besser nicht zur Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung. - Aber für eine Mücke war es ganz okay.

Donnerstag, 1. September 2011

Profess-Feier

Gerade habe ich die Bilder vom Fotografen bekommen. Hier also ein paar Appetitmacher. Ein ausführlicheres Fotoalbum habe ich auf facebook veröffentlicht (da schreibe ich unter "SchwesterBarbara Offermann").
Die Kapelle war so voll, dass wir zuerst nicht wussten, ob wir einen Einzug schaffen, oder ob die Priester nicht einfach durch die Sakristei reinkommen sollten.
Aber es waren doch so viele, dass es schade gewesen wäre: vier Dominikaner, darunter unser Mitbruder Bischof Vilhelms Lapelis, zwei befreundete Priester aus Südlettland und dazu die beiden, die sonntags abwechselnd zu uns kommen. Mit den Messdienern, uns Konventsschwestern und der Generalpriorin, das gab schon eine ganz ordentliche Prozession. Also haben wir uns einen Weg durch die Menge gebahnt.
Nachdem alle ihre Plätze gefunden hatten, hat der Bischof die Messe eröffnet und Sr. Sara die Gäste begrüßt - auf lettisch! Sie hat auch später die gesamte Professformel auf lettisch abgenommen, das war schon toll.
Zunächst kam nur der kurze erste Teil: "Sr. Diana?" "Hier bin ich." "Was erbittest Du?" usw. In diesem Teil werden auch die anwesenden Schwestern gefragt, ob sie bereit sind, Diana aufzunehmen. Es war abgesprochen, dass der Text erst auf lettisch gelesen wird, dann auf deutsch. Erst dann sollten alle antworten (auf lettisch oder in ihrer eigenen Sprache): "Wir sind bereit".
Ich gestehe: Ich hab's verpatzt! Ich war so ergriffen, dass ich die Absprache einfach vergessen habe. Ich hab gar nicht mehr dran gedacht, dass die Gäste den Text ja nicht verstehen können und auf die Übersetzung warten. Nach dem lettischen Text habe ich mit großer Überzeugung gesagt: "Mees esam gatavas!" und mich ein wenig gewundert, dass nur so wenig Schwestern zu hören waren. Mmh. Ich bin bereit - ihr nicht? Sozusagen ein klassischer Frühstart - ohne Wiederholungsmöglichkeit.
Naja, dann ging der Wortgottesdienst weiter und nach der Predigt folgte dann der Hauptteil: Diana bekam ihre Professkerze, dann folgte die Anrufung des Heiligen Geistes, während der Diana die Venia machte, das traditionsreiche Zeichen der Ganzhingabe.
Der nächste Ritus ist das Sprechen der Professformel - in die Hände der Generalpriorin. In unserer Kongregation können wir uns aussuchen, ob wir das im Stehen oder im Knieen tun wollen. Diana hat gekniet, trotzdem war es ein Gelübde auf Augenhöhe: Sr. Sara saß, auf dem Schoß eine aufgeschlagene Bibel. So wird deutlich, dass das Fundament unserer Profess nicht etwa der Wille der Generalpriorin ist, sondern der Wille Gottes, nachdem auch sie sich ausrichtet.
Dann bekam Diana ihr Professkreuz ("Es stärke dich und sei im Tod das Zeichen deiner Treue") und musste schließlich noch den Vertrag unterschreiben - das Ganze hat ja immerhin auch rechtliche Konsequenzen.
Dann ging die Messe normal mit der Eucharistiefeier weiter und nach dem Schlusssegen kam draußen noch die Gratulation. Es war einfach ein wunderschönes Fest - Dank sei Gott!

Montag, 29. August 2011

Profess-Party

Vorgestern hat Sr. Diana ihre Ewige Profess abgelegt, das Versprechen, Jesus Christus bis zu ihrem Lebensende nachzufolgen - und zwar in der Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien und nach den drei evangelischen Räten: Armut, Keuschheit in Ehelosigkeit und Gehorsam.
Da das so etwas ähnliches wie eine Hochzeit ist und ein Orden eine ziemlich große Familie darstellt, hatten wir eine ganz ordentliche Party zu bewältigen. Der Kern und Höhepunkt war natürlich die Liturgie. Leider habe ich davon noch keine Bilder, denn da hat ein Profi fotografiert, wir bekommen sie erst noch. Hier links ist nur die Probe zu sehen: "Wie lege ich mich in die Venia, ohne dass mein Skapulier verknittert?" Das ist gar nicht so einfach! Halb aus Spaß haben sich Tereze und Nellija daneben gelegt. Aber nur halb: schließlich hat dieses Gelübde ja auch damit zu tun, dass man in eine Gemeinschaft aufgenommen wird...
Auch von der anschließenden Gratulation haben wir noch keine Bilder, denn da waren wir Schwestern des Konventes vollauf damit beschäftigt, die etwa 100 Gäste zu bewirten. Das hat gut geklappt und auch Spaß gemacht, aber Zeit zum Knipsen blieb eben nicht. So werde ich mal wieder ein wenig erzählen, was passiert ist, bevor und nachdem der offizielle Fotograf kam...
Zuerst mal ist unsere Generalpriorin Sr. Sara angereist. Sie hat die Profess abgenommen ("In deine Hände, Sr. Sara, verspreche ich..."). Aber sie hat auch vorher mit Diana gesprochen - das ist ja schließlich nicht irgendeine Zeremonie - und sie hat unendlich viel mit angepackt. Darum habe ich von ihr auch nur ein Bild in der Küche gefunden - beim Abtrocknen! Hier steht sie rechts neben Sr. Nellija, die in diesen Tagen das organisatorische Oberkommando hatte.
Mit ihr zusammen kam Hannah, die bis vor einem Jahr noch hier gelebt hat. Sie hat den Blumenschmuck gemacht und viel gute Laune reingebracht, sozusagen den "Betriebsstoff", mit dem alles etwas leichter läuft.
Und schließlich kamen nach und nach zehn Schwestern aus Deutschland und den Niederlanden an. Mehr Platz zum Übernachten haben wir in unseren Gästezimmern nicht, außerdem ist die Reise ja weit. Bei einer Profess in Deutschland reist natürlich praktisch die ganze Kongregation an.
Es ist interessant, wenn die Zahl der Gäste die der Konventsschwestern so sehr übersteigt. Einerseits macht das plötzlich sehr viel Arbeit, andererseits helfen aber alle nach Kräften mit, was auch vieles erleichtert.
Und für unsere Gemeinde war es einfach nur faszinierend, so viele Schwestern zu sehen. Sie kennen uns sonst ja nur in homöopathischer Dosis.
Beim Festgottesdienst war die Kirche übervoll. Die Gratulation konnte draußen stattfinden, weil wir einen strahlenden Himmel hatten, und sogar zur Vesper sind noch sicher 20 Leute geblieben.
Danach hieß es aufräumen und schließlich konnten wir vier uns in die Klausur zurückziehen und noch ein bisschen Rekreation halten - also von all dem erholen und zu Atem kommen. Vor allem Diana und Nellija hatten noch gar nichts gegessen, aber wir hatten vorsorglich etwas vom Buffet reserviert. So haben wir noch recht lange entspannt zusammen gesessen.
Es war einfach schön, wie sich Diana freute, als sie dann endlich (!) ihre Torte bekam!